SAVONAROLAS

heimliche Zeitgenossen

Savonarola

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Girolamo Savonarola wurde am 21. September 1452 in Ferrara als Sohn des Niccolo Savonarola und der Elena Bonacossi, einer Mantuanaherin, geboren. Die Familie des Vaters stammte aus Padua, der Stadt des Santo, und war dort sehr angesehen. Er genoß eine gute humanistische Bildung und war für den ärztlichen Beruf bestimmt, den sein Vater ausübte.

Aber er war, wie nach Cosimos de’ Medicis Wort, Marsilio Ficino, berufen, ein Arzt der Seelen zu werden, nur in etwas anderem Sinne. Unter den Bußpredigern Italiens war er unstreitig der größte. Ein religiöser Neuerer im eigentlichen Sinne war er nicht. Von Natur nicht dazu begabt, hatte er sich nur langsam zum Kanzelredner heranzubilden vermocht und, was ihm an Talent gebrach, durch das immer stärker in ihm auflodernde innere Feuer ersetzt. Die Wirkung, die er ausübte, wurde unterstützt durch eine zuerst wohlberechnete Prophetie, die allmählich unter dem Einfluß des somnambul veranlagten Fra Silvestro Maruffi als wirkliche Sehergabe in seine Überzeugung eingeht. Die Visionen, die er in der Zeit seines stärksten Einflusses zu haben glaubt und für göttliche Offenbarungen hält, sind nur Wirkungen seines durch Askese gesteigerten Willens. Die Prophetie ist ihm Mittel zur Erreichung seines Zwecks. Dieser Zweck war die Erneuerung der Kirche, d. h. eine Reform des Klerus durch einen Reformator und die der Gläubigen durch den Klerus; die Wiederherstellung der Sittlichkeit durch den Glauben und die Gnade. Ihn zu verwirklichen, mußte er die Überzeugung von dem Nahen eines göttlichen Strafgerichts erwecken. Als Vollzieher desselben erschien ihm Karl VIII. von Frankreich, dessen Zug nach Neapel, vorauszusehen war. An ihn knüpfen sich daher seine ersten Prophezeihungen. Weiter sagt er den Tod des alten, kranken Innozens VIII., des an einer unheilbaren Krankheit leidenden Lorenzo de’ Medici, die bevorstehende, mit der Vertreibung der Medici verbundene Revolution voraus, Ereignisse, deren Eintreten für den Aufmerksamen zu erwarten waren. Hand in Hand mit seiner Wirksamkeit als Bußprediger geht seine politische.

Er benutzt seinen Einfluß auf die Florentiner, um an die Stelle der Tyrannei und unter Bekämpfung der parlamentarischen Versammlungen, „welche niemals zu etwas anderem gedient hatten, als die Fesseln, in denen das Volk lag, nur noch fester zu ziehen“, die volkstümlichste Staatsverfassung zu setzen, die Florenz je gehabt hat. Was zu seinem Untergang führte, waren neben seiner Gegnerschaft gegen die Medici, insbesondere Piero, seine heftigen Angriffe gegen Papst Alexander VI., und seine Hinneigung zu den Franzosen. An der Grenzscheide zweier Zivilisationen stehend, ist er „einer der merkwürdigsten Repräsentanten des noch unentschiedenen Kampfes, den der Geist der Zukunft damals gegen den Geist des Vergangenheit kämpfte. Seine starke Wirkung ist vor allem aus der hohen persönlichen Gewalt zu erklären, die von 1482 – 1495 in beständigem Steigen begriffen war und sich nur mit der des geistig freilich weit gewaltigeren Martin Luther, vergleichen läßt.

Seine Stellung in der religiösen Bewegung Italiens ist neben Arnaldo von Brescia, Giordano Bruno und Campanella. „Weniger Agitator als der Erste, weniger Philosoph als der Zweite, weniger Organisator, aber auch weniger Utopist als der Dritte, versuchte er weder ganz Italien mit Waffengewalt niederzuwerfen, noch das alte aristotelische Lehrgebäude umzustürzen und auf seinen Ruinen den ersten Samen des Pantheismus auszustreuen, noch eine neue Gesellschaft, eine Ausgeburt seines Gehirns, zu gründen. Sein Ziel war ein praktischeres, ohne darum ein minder erhabenes zu sein. Um die Menschen zum heiligen Leben der ersten Christen wieder zurückzuführen, benutzte er lieber das, was er verstand, als alles zu zerstören und etwas anderes dann an seine Stelle zu setzen” (Perrens) – Der Fanatismus des Frate verursachte den Verlust vieler Kunstwerke, die; dem berühmten-Autodafé am letzten Tage des Karnevals 1497 zum Opfer fielen.

Daß sein Kampf gegen den eitlen weltlichen Tand nicht vor der echten Kunst haltmachte, nimmt, um so mehr wunder, als das Kloster S. Marco in Florenz, dessen Prior er seit 1491 war, eine durch die Tätigkeit des Fra Beato Angelico, Fra Bartolommeo und anderer Künstler des Ordens geweihte Stätte der Kunst war. – Die Macht des erzürnten Papstes und der zahlreichen Gegner, die er sich in Florenz durch seine Mißgriffe geschaffen hatte, die Feindschaft der auf seine Erfolge eifersüchtigen Franziskaner, das Schwinden seiner Popularität durch das Unterbleiben der Feuerprobe auf die Wahrheit seiner Lehre – Dinge, die Gobineau in seiner Renaissance packend geschildert hat – führten am 23. Mai 1498 zu seiner Hinrichtung durch den Strang und nachherigen Verbrennung auf der Piazza della Signoria zu Florenz. Savonarolas Bildnis von Fra Bartolommeo (1475 – 1517) stellt ihn als hl. Petrus Martyr dar. Das Bildnis befindet sich in der Accademia delle Belle Arti zu Florenz. Ein anderes (in der Mönchskapuze) in S. Marco ebendort. Das ganze ikonographische Material findet sich vereinigt in dem grundlegenden Werke von Joseph Schnitzer: „Savonarola, Ein Kulturbild aus der Zeit der Renaissance”, 2 Bde., München 1924 bei Ernst Reinhardt.

Aus: Biographisches-Bibliographisches Kirchenlexikon, Verlag Traugott Bautz


SAVONAROLA, Hieronymus, Dominikaner, Ordensreformer und Bußprediger, * 21.9. 1452 in Ferrara als dritter Sohn des Niccolò S. und der Elena Bonacossi, † 23.5. 1498 in Florenz. – Nach dem Vorbild seines Großvaters Michele S. von seinem Vater für die ärztliche Laufbahn bestimmt, trat S. nach dem Erwerb des akademischen Grades eines Magister artium zunächst das Studium der Medizin an.

Am 24.4. 1476 verließ S. sein Elternhaus, um in Bologna Mitglied des Dominikanerordens zu werden; noch in demselben Jahr legte er sein Gelübde ab. Nach dem Empfang der Diakonatsweihe am 1.5. 1477 trat S. seine Predigerausbildung an und zwei Jahre später wurde er Novizenmeister im Dominikanerkloster zu Ferrara. Eine Generalversammlung der lombardischen Dominikanerkongregation berief ihn im Frühjahr 1482 zum Lektor in dem Florentiner Kloster San Marco, wo er die Hl. Schrift vorzulesen und in der Predigt auszulegen hatte.

Infolge privater Offenbarungen (seit 1484) gewannen seine insbesondere während der Fasten 1485 und 1486 in San Gimignano gehaltenen Predigten ein zunehmend apokalyptisches Gepräge. Seine Erfahrungen von der Sündenverfallenheit seiner Zeitgenossen, vom Verschwinden der Guten, von Zauberei und Sterndeuterei, aber auch vom Pfründenwucher der Kleriker sowie vom moralischen Verfall der Kirche und von der Verkümmerung des christlichen Glaubens kontrapunktierte er in seinen Predigten mit der Erwartung eines von Gott heraufzuführenden nahen Weltendes. Im Bologneser Dominikanerkloster zum Magister studiorum ernannt, nahm S. nach einjähriger theologischer Unterrichtstätigkeit das Predigeramt in Modena, Piacenza, Brescia und Genua auf, bis ihn auf Wunsch von Giovanni Pico della Mirandola Lorenzo de’ Medici im Frühjahr 1490 nach Florenz zurückholte; im dortigen Kloster San Marco lehrte er zuerst Logik und später auch die Auslegung einzelner Bücher der Hl. Schrift.

Als er im Juli 1491 zum Prior des Klosters San Marco gewählt wurde, suchte er mithilfe der Loslösung San Marcos von der lombardischen und der Gründung einer eigenen toskanischen Kongregation (1493) das Klosterleben zu reformieren: die Ordensregel sollte wieder in der ursprünglichen Strenge eingehalten und besonders das Ideal der Armut mit mehr Ernst gelebt werden, damit der Dominikanerorden zum Werkzeug für die christliche Erneuerung Italiens werde. Die militärische Besetzung von Florenz durch König Karl VIII. von Frankreich führte nicht nur zur Entmachtung der Medici, sondern auch dazu, daß S. für seine Stadt politische Verantwortung übernehmen mußte: mit dem Ziel einer moralischen Erneuerung der Gesellschaft gab er seiner Stadt eine demokratische Verfassung auf christlicher Grundlage. Die berüchtigte “Kinderpolizei” drangsalierte die Florentiner zunehmend und öffentlich. Seit Herbst 1494 wandelten sich S.’s Predigten dahingehend, daß nicht mehr so sehr die Weltkatastrophe, sondern zunehmend die von Gott heraufgeführte Weltwende im Vordergrund stand: durch sein menschliches Werkzeug Karl VIII., den »neuen Cyrus«, straft und heilt Gott die »Hure Babylon«, die sich der Stadt Rom bemächtigt hat, erneuert er die Kirche und gestattet dem mit Frankreich verbündeten Florenz den Aufstieg zum »neuen Jerusalem«. Unter dem Druck seiner politischen Gegner innerhalb und außerhalb von Florenz, insbesondere aufgrund der Feindseligkeiten von seiten Papst Alexanders VI. und der römischen Kurie verlor S. ab Mitte der 90er Jahre zunehmend an Einfluß. In einem Breve vom 8.9. 1495 wurde er von Alexander VI. der Ketzerei und der falschen Prophetie bezichtigt.

Zur Schwächung der profranzösischen Partei in Florenz löste der Papst die von S. geschaffene toskanische Ordenskongregation wieder auf und unterstellte sie erneut der lombardischen Kongregation, S. aber erteilte er Predigtverbot. Seines Einflusses als Prediger beraubt, sammelte S. nun seine unter dem Titel »Compendium revelationum« bekannt gewordenen Prophezeiungen, zugleich verfaßte er für den Druck bestimmte Schriften wie »Sopra i dieci comandamenti« oder »De simplicitate christianae vitae«. Die S. auf Gesuch der florentinischen Stadtregierung von Rom mündlich wieder gestatteten Predigten richteten sich nun scharf gegen die Sittenverderbnis in Rom. Nachdem eine neue, nach dem Waffenstillstand zwischen Karl VIII. und der Liga der italienischen Staaten eingerichtete, S. feindlich gegenüberstehende florentinische Stadtregierung diesem am 3.5. 1497 ihrerseits die Predigt untersagt hatte, erging am 12.5. 1497 ein römisches Breve, das S. wegen Ketzerei und Ungehorsams exkommunizierte.

Am 11.2. 1498 nahm S. seine Predigttätigkeit wieder auf, welche ihm aber auf Druck Roms von der florentinischen Stadtregierung erneut untersagt wurde. Nachdem zuletzt auch sein nach einem allgemeinen Konzil, von dem er die Absetzung Alexanders erhofft hatte, gescheitert war, wurde S. am 8.4. 1498 auf Erlaß der Regierung der Stadt Florenz verhaftet. Der schon einen Tag später in Florenz eröffnete Prozeß hatte schwerpunktmäßig seinen Ruf nach einem Konzil zum Inhalt. Mithilfe der Folter wurde S. zu Geständnissen gezwungen, die er hinterher widerrief. Dennoch wurde er mit Zustimmung der päpstlichen Kommissare als Häretiker und Schismatiker verurteilt und zusammen mit den zwei ihm treu gebliebenen Ordensbrüdern Dominikus und Silvester am 23.5. 1498 in Florenz hingerichtet, die Leichen der Gehenkten aber wurden verbrannt. – S. teilte die im späten Mittelalter und in der Renaissance verbreitete Erwartung einer apokalyptischen Erneuerung von Kirche und Welt.

Sein Sturz erfolgte weniger wegen seiner apokalyptischen Predigt, als vielmehr wegen der machtpolitischen Interessen der damals in den Staaten und in der Kirche Mächtigen. Erst im Jahre 1558 erklärte die römische Indexkongregation S.’s Schriften für rechtgläubig.

Das Bildnis wurde gemalt von Fra Bartolomeo, um 1498, Holz, 47 x 31 cm, Florenz, Museo di S. Marco

 (Quelle: Kirchenlexikon)